20.10. 1874: Das Drama um die „Götterdämmerung“

Die Vollendung der Partitur zeichnet sich ab. Wagner gibt Zwischenberichte: Am 26.10.74 arbeitet er an der Partitur „und schlägt Gunther tot“, am 14.11. ist „Brünnhilde in das Feuer gesprungen“.
Wagner hat sich für jeden Tag eine Partitur-Seite vorgenommen und ist sehr unzufrieden, wenn er dieses
Tagesziel nicht erreicht. Von daher fragt Cosima gar nicht nach dem Fortgang der Arbeit als Wagner sie am Vormittag des 21.11. zu sich ruft und legt ihm einfach einen Brief ihres Vaters vor, „um ihn zu zerstreuen“. Als sie mittags nach ihm sieht, hat er gerade Liszts Brief vor sich und fragt Cosima, was sie von diesem Schreiben hält. Sie antwortet und sieht wieder nicht auf die Partitur, weil sie davon ausgeht, dass Wagner nicht weitergekommen und deshalb verärgert ist. Wagner seinerseits ist tief gekränkt: Er zeigt ihr die vollendete letzte Seite und macht Cosima heftige Vorwürfe: „Wenn ein Brief des Vaters käme, sei alle Teilnahme für ihn, alles weggewischt“.  Als Wagner später diese „bittere Klage“ wiederholt „muss ich in Tränen ausbrechen und weine noch jetzt“.